Rechtsvertreter der Palästinenser haben Israel vor dem höchsten UN-Gericht Völkermord durch die totale Blockade von Hilfsgütern und Nahrungsmitteln im Gazastreifen vorgeworfen. „Israel beabsichtigt die Zerstörung unseres Volkes, es will die Auslöschung des palästinensischen Volkes“, sagte der Botschafter der palästinensischen Gebiete, Ammar Hijazi, am Montag vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag.
Er schilderte die unerträgliche Lage der Bevölkerung im Gazastreifen seit der Blockade der humanitären Hilfe am 2. März. Israel setze humanitäre Hilfe als Waffe ein – das sei ein Kriegsverbrechen.
Höchstes UN-Gericht
Der Botschafter sprach zum Auftakt einer Anhörung vor dem höchsten UN-Gericht zur rechtlichen Verpflichtung Israels, die dringend benötigte humanitäre Hilfe für palästinensische Bürger „sicherzustellen und zu erleichtern“. Die UN-Generalversammlung hatte das Gericht mit einem Rechtsgutachten beauftragt.
Gut 40 Staaten werden bei der auf fünf Tage angesetzten Anhörung ihre Stellungnahme abgeben. Bis zur Veröffentlichung des Gutachtens können Monate vergehen.
Israel kündigte am Montag an, an der Anhörung vor dem IGH nicht teilzunehmen. Der israelische Außenminister Gideon Saar warf der UN und insbesondere dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA Verbindungen zur Hamas vor.
Seit dem 2. März lässt Israel keine Lebensmittel und andere Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Zudem wurde am 9. März die Stromlieferung eingestellt, wodurch unter anderem Wasserentsalzungsanlagen nicht mehr betrieben werden können.
Der Einsatz von Hunger als Kriegswaffe gilt laut Völkerrecht als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
UN: Israel verletzt internationales Recht
Die UN forderten von Israel den ungehinderten Zugang für Hilfsgüter für die notleidenden Menschen im Gazastreifen. Die seit fast 60 Tagen andauernde totale Blockade von humanitärer Hilfe sei ein Verstoß gegen internationales Recht, sagte die Untergeneralsekretärin der UN, Elinor Hammarskjöld. „Israel ist verpflichtet, für die Bevölkerung zu sorgen und Hilfe zu ermöglichen.“ Auch mit Angriffen auf UN-Einrichtungen und -Mitarbeiter verletzte Israel internationales Recht. Seit Beginn des israelischen Vernichtungskriegs in Gaza seien 295 UN-Mitarbeiter getötet worden.
Nicht das erste Rechtsgutachten
Im Juli vergangenen Jahres hatte das Gericht bereits Israels Besatzung der palästinensischen Gebiete für illegal erklärt. Ein Rechtsgutachten des UN-Gerichts ist rechtlich nicht bindend, doch kann den internationalen Druck auf Israel weiter erhöhen.