Die geschäftsführende Bundesregierung hat Medienberichte zurückgewiesen, wonach sie den Verkauf von Eurofighter-Kampfjets an Türkiye blockiert habe. Es sei unter der aktuellen Regierung zu dem Fall noch keine Entscheidung getroffen worden, hieß es am Freitag in einer offiziellen Mitteilung.
Mit dieser Erklärung reagierte Deutschland auf Medienberichte, denen zufolge politische Bedenken im Zusammenhang mit aktuellen Entwicklungen in Türkiye den Verhandlungsprozess behindert hätten. Entscheidungen über größere Rüstungsexporte würden der kommenden Regierung überlassen, die Anfang Mai ihr Amt antreten soll, teilten die deutschen Behörden mit.
Türkiye strebt den Kauf von 40 Eurofighter-Typhoon-Jets an, die gemeinsam von Großbritannien, Deutschland, Italien und Spanien produziert werden. Als Partnerland muss Deutschland dem Geschäft zustimmen, damit der Erwerb zustande kommt. Ankara hatte hierfür bereits mehrere Verhandlungsrunden mit Großbritannien geführt. Im März legte das britische Verteidigungsministerium ein offizielles Angebot vor.
Neue Phase der deutsch-türkischen Beziehungen
Wichtige Entscheidungen über Rüstungsexporte seien derzeit nicht Sache der geschäftsführenden Bundesregierung, erklärte Tim-Niklas Wentzel, Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu. „Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu internen Regierungsberatungen“, fügte er hinzu und verwies auf die laufenden Koalitionsgespräche.
Auch wenn die Klarstellung aus Berlin die Spannungen vorerst entschärfen könnte, sorgt die Unsicherheit über das Eurofighter-Geschäft weiterhin für Unruhe in Ankara. Türkische Regierungsvertreter sehen in dem Vorhaben nicht nur ein bilaterales Verteidigungsprojekt, sondern einen Gradmesser dafür, wie Europa strategisch zu Türkiye, einem wichtigen NATO-Partner, steht.
Die Expertin für Internationale Beziehungen, Aylin Unver Noi, erklärte gegenüber TRT World, dass die Folgen eines geplatzten Geschäfts weit über die deutsch-türkischen Beziehungen hinausreichen würden. „Die Herausforderungen der vergangenen Jahre, insbesondere durch Waffenembargos, haben Türkiye dazu veranlasst, massiv in die heimische Verteidigungsindustrie zu investieren“, sagte sie. „Vor diesem Hintergrund ist eine engere Zusammenarbeit bei der Verteidigungsproduktion und Waffenlieferung entscheidend – nicht nur für die nationale Sicherheit Türkiyes, sondern auch für die Sicherheit Europas insgesamt.“
Noi betonte zudem, dass eine stärkere Beteiligung Türkiyes an europäischen Verteidigungsmechanismen essentiell sei, trotz der Tatsache, dass das Land von der 150 Milliarden Euro schweren EU-Sicherheits- und Verteidigungsinitiative SAFE ausgeschlossen sei.
NATO-Einsatzfähigkeit im Fokus
Ankara betrachtet die Verteidigungszusammenarbeit mit europäischen Staaten seit Langem als eine Säule der Bündnissolidarität. „Der Verkauf der Eurofighter ist zu einem Prüfstein geworden, ob Europa Türkiye tatsächlich als strategischen Partner betrachtet“, so Unver Noi weiter. „Die kollektive Sicherheit der NATO hängt davon ab, dass die Mitgliedstaaten militärische Ausrüstung rechtzeitig bereitstellen“, fügte sie hinzu.
Seitdem US-Präsident Donald Trump Anfang dieses Jahres sein Amt angetreten habe, wachse in der EU die Sorge um die eigene Sicherheitsarchitektur, betonte die Expertin. Über Jahrzehnte hätten europäische Staaten auf die Sicherheitsgarantien Washingtons vertraut. Nun fordere Trump die Europäer auf, stärker in ihre eigene Verteidigung zu investieren – vor dem Hintergrund zunehmender Besorgnis in den europäischen Hauptstädten über Russlands Absichten.
Noi betonte, der Krieg in der Ukraine habe die Bedeutung konventioneller Waffen sowie von Luftverteidigungssystemen deutlich gemacht und die Anforderungen an die Einsatzfähigkeit der NATO noch einmal erhöht.
Neue Bundesregierung entscheidend
Die endgültige Entscheidung über das Eurofighter-Geschäft mit Türkiye liegt nun bei der künftigen Bundesregierung. Erwartet wird eine Koalition aus Friedrich Merz’ CDU und der SPD, die bereits am 6. Mai ins Amt kommen könnte.
Beobachter gehen davon aus, dass die Haltung von Merz zur Eurofighter-Frage den Ton für eine neue Phase der deutsch-türkischen Beziehungen setzen könnte – entweder durch eine Stärkung des strategischen Vertrauens oder eine weitere Vertiefung des Misstrauens.
Für Türkiye geht es bei dem Deal um mehr als den Erwerb moderner Kampfflugzeuge, wie Experten unterstreichen. Er sei ein Signal dafür, ob Europa bereit sei, Türkiye als gleichberechtigten Partner bei der Gestaltung der kontinentalen Sicherheitsarchitektur zu betrachten. Merz selbst hatte in der Vergangenheit eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Ankara befürwortet.